Deutsche und die baltischen Staaten - eine problematische Beziehung?
Wirtschaftspolitik
AKTUELL
Jahreswende, Zeit der Bilanzen. Eine der Meldungen zur Jahreswende 2005 / 2006 war es, dass der deutsche Finanzminister Steinbrück Warnungen in Richtung der "neuen EU-Mitglieder" aussandte, er wolle sich dafür einsetzen die EU-Beihilfen für die Regionen zu kürzen, falls die Investorenwerbung mit "Steuerdumping" nicht aufhöre (siehe z.B. DIE WELT 29.12.05, Berliner Morgenpost, Der Spiegel). Deutsche Politiker schielen eifersüchtig nach Nordosten, sehen 7-8% Wirtschaftswachstum in Ländern wie Lettland, und vermuten Ungerechtigkeit.

Lettland: Wirtschaftsprimus 2005?
Die BALTIC TIMES rief Lettland in der Ausgabe vom 21.12.05 zum Primus unter den drei baltischen Staaten aus, und berief sich dabei auf Statistiken der ersten drei Vierteljahre 2005 mit 10% Wirtschaftswachstum. Das seien sogar die besten Zahlen im Europa der 25. Besonders positiv habe sich das Geschäft im Einzelhandel entwickelt, insbesondere der Verkauf von Autos (plus 51%), der Wohnungsbau (plus 71%), und die Metallverarbeitung (plus 23%) in Lettland. Auch der Reiseverkehr (Passagierverkehr) sei um 31% gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres gestiegen. Der Aufstieg sei teilweise so steil gewesen, so die Baltic Times, dass schon Bedenken wegen der Nachhaltigkeit dieser Entwicklung aufgekommen seien. Bedenken macht aber das hohe Niveau der Inflation, das sich in Lettland zwischen 6 und 7% bewegt - gegenüber ca. 4% in Estland und 2,5% in Litauen. Besonders die Einführung des Euro wird dadurch als gefährdet angesehen - welche die beiden baltischen Nachbarn bereits für 2007 anstreben (siehe auch FAZ 3.1.06).

Riga: aufsehenerregende Großereignisse 2006
Eine anderer Aspekt des lettischen Optimismus macht die wachsende Bedeutung Rigas als Metropole der baltischen Region aus. Gerade das Jahr 2006 wird einige neue Großereignisse bringen, verbunden mit der Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit und touristischen Highlights. Im Mai steht die Eishockey-Weltmeisterschaft an (leider ohne die deutsche Mannschaft, die sich nicht qualifizieren konnte), im November tagt der NATO-Gipfel in Riga. Schon 2005 war der Besuch von US-Präsident George Bush in Riga das Event des Jahres. In der Sommersaison klagen die Touristik-Vermarkter sowieso, das Angebot an Unterkünften in Riga könne mit der Nachfrage nicht Schritt halten, und der Flughafen Riga hat 2005 dank der Billigflieger seine Passagierzahlen beinahe verdoppelt. Und dazu kommt noch der attraktive Immobilienmarkt, der Investoren anlockt. Resumee: Wer in Riga Geld, Immobilien oder ein gut zugeschnittenes Dienstleistungsangebot hat, dem kann es eigentlich nur gut gehen. (weiterlesen bitte hier...)

aus dem INFOBALT-Archiv:
Investoren werben - aber wie? Der lettische Präsident Ulmanis auf der Hannover Messe 1997
Was tun, wenn viele Betriebe im eigenen Land in einem maroden Zustand sind, Eigenkapital fehlt und dringend zahlungskräftige Partner gesucht werden? ein Bericht vom Besuch des lettischen Präsidenten Guntis Ulmanis auf der Hannover-Messe 1997.
Wandel durch Ausbildung: Handwerk hat goldenen Boden
Eine gemeinnützige Stiftung des Unternehmers und Bauingenieurs Eberhard Schöck bildet junge Bauhandwerker aus - mit Praktika und Fortbildungsseminaren in Deutschland. Was muss neu gelernt werden, wie behaupten sich die frisch ausgebildeten am heimischen Markt? Ein Zwischenbericht Ende der 90er Jahre.
Investieren im Ausland - deutsche Unternehmer entdecken die baltischen Staaten
Geld außer Landes tragen - haben deutsche Unternehmer bereits genügend Vertrauen in die Stabilität der Entwicklung in den baltischen Staaten gefaßt? Zu Beginn des neuen Jahrtausends sah das noch nicht so aus. Mit welchen Argumenten warben Estland, Lettland und Litauen, und wie bereiteten sich deutsche Firmen auf eine neue Marktlage im östlichen Europa vor? Ein Bericht auf der Basis von Zahlen der OECD und der baltischen Wirtschaftsministerien.
Der Faktor Bestechlichkeit - welchen Stellenwert hat Korruption für die baltische Wirtschaft?
Medien und öffentliche Diskussionen beherrschten in den 90er Jahren immer wieder der angeblich unvermeidliche Faktor Korruption bei Geschäften in Osteuropa. Allerdings haben Skandale auch in Deutschland gezeigt, dass man hier weder mit Vorurteilen noch mit bloßem guten Willen weiterkommt. Die weltweit tätige Organisation TRANSPARENCY INTERNATIONAL (TI) bearbeitet nicht nur die öffentlichkeitswirksamen Skandale, sondern untersucht auch individuelle Einstellungen und Mentalitäten in verschiedenen Gesellschaftsformen. Ein Interview mit Alexandras Dobryninas in Litauen und Inese Voika in Lettland, damals beide für TI in ihren Ländern aktiv.
Wirtschaft in Estland - Beispielhaftes auf dem Weg nach Europa
Dr. Ralph-Georg Tischer baute als Leiter der Repräsentanz der Deutschen Wirtschaft in allen drei baltischen Staaten kompetente Beratung für deutsche Firmen auf, die Partner in Estland, Lettland oder Litauen suchen. In Estland ging die Entwicklung besonders schnell voran - nicht für alle, aber für neoliberale Vorreiter und junge Unternehmer. So erhielt 1997 auch zunächst nur Estland die Einladung zum EU-Beitritt. Schon Ende der 90er Jahre war die Aufbauarbeit in manchen Bereichen fast abgeschlossen.
So fing es an - erstmal einen Gebrauchtwagen aus dem Westen ....
Anfang der 90er Jahre: Schlangen vor den Botschaften, per Visum konnte für Esten, Letten und Litauer endlich die Westreise beginnen. Egal aus welchem Anlaß sie kamen: in Deutschland begann und endete alles Interesse der baltischen Besucher bei der Frage nach einem günstigen Gebrauchtwagen. Ein Bericht aus einer etwas hektischen Zeit.